Das Raubgold der Nationalsozialisten Teil 1

Als Raub- oder Nazigold werden Wert- und Vermögensgegenstände bezeichnet, die während der Herrschaft der Nationalsozialisten von diesen geraubt wurden. Gemeint ist demnach nicht nur Gold, sondern auch andere Edelmetalle, Bargeld, Edelsteine und auch Wertpapiere aller Art. Das Raubgold stammt zum einen aus arisiertem Besitz von Personen die verhaftet wurden, in Konzentrationslager kamen oder flüchten mussten. Während des Zweiten Weltkrieg stammte das Raubgold zudem aus den besetzten Gebieten, wo geraubt und beschlagnahmt wurde, was möglich war. Somit stammt das Raubgold auch aus den Währungsreserven der Zentralbanken der annektierten Länder.

Zunächst erließen die Nationalsozialisten im Jahr 1936 ein sogenanntes Goldverbot. Eine solche staatliche Verfügung war auch in nationalsozialistischer Zeit nichts Neues. Schon in der Antike bedienten sich Herrscher solcher Erlasse, um den privaten Besitz von Gold, Silber und Edelsteinen zu verbieten und zu kontrollieren. In der Folge versuchten immer wieder Despoten ihre leeren Staatskassen durch die Begrenzung des Besitzes von Edelmetallen oder deren vollständigen Einzug zu füllen. Der Besitz wurde oftmals sogar mit dem Tod bedroht. Dennoch scheiterten fast alle dieser frühen „Goldverbote“ weil sei einfach nicht zu kontrollieren waren.

Vorreiter für die Nationalsozialisten war in dieser Beziehung die Weimarer Republik. Während der Inflation erließ die Reichsregierung eine ganze Anzahl von Gesetzen und Verordnungen. Letztlich erlaubte die Verordnung des Notgesetzes (Maßnahmen gegen die Valuta-Spekulation) vom 8. Mai 1923 der Reichsbank Edelmetalle (Gold, Silber, Platin, Platinmetalle) und ausländische Währungen aus Privatbesitz für das Deutsche Reich zu proklamieren.

Abbildung Wikipedia: Goldmünzen zu 20 Mark mit den Porträts der Kaiser Friedrich III. bzw. Wilhelm II.Acht Jahre war somit in der Weimarer Republik der Privatbesitz von Gold und Silber Verboten, bis am 6. März 1931 Reichspräsident Paul von Hindenburg dieses Gesetz wieder aufhob. Doch schon wenige Monate später veranlasste die Wirtschaftskrise die Reichsregierung erneut dazu den Besitz von Gold und Silber zu begrenzen.

Nachdem 1933 die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland übernommen hatten, begann Hitler schon bald, entgegen den Vorschriften des Versailler Vertrages, die Wehr- und Kriegsfähigkeit Deutschlands zu forcieren. 1935 wurde dafür ein Wirtschaftsprogramm erarbeitet, dass ab 1936 als Vierjahresplan umgesetzt werden sollte und eine forcierte militärische Aufrüstung beinhaltete. Zur Umsetzung dieses Planes benötigte Hitler Geld, dass er sich jedoch im Ausland nicht leihen konnte.

Im April 1936 wurde daher Hermann Göring Rohstoff- und Devisenkommissar und im Oktober 1936 Beauftragter für den Vierjahresplan. Er sollte die Devisenlage des Deutschen Reiches verbessern und das Geld für Wirtschaftsaufschwung und Aufrüstung beschaffen. Im November 1936 ordnete Göring daher eine Ablieferungspflicht für Gold und ausländische Zahlungsmittel und Forderungen an. Zunächst waren von dieser Verordnung nur Feingold, hochlegiertes Gold sowie außer Kurs gesetzte Goldmünzen betroffen gewesen.

Bereits am 1. Dezember legte Göring mit dem Gesetz gegen Wirtschaftssabotage nach, dass unter anderem die Todesstrafe für die Schädigung der Reichswirtschaft androhte. Mit diesem Gesetz wurden alle Deutschen aufgefordert ausländisches Auslandsguthaben nach Deutschland zu holen und kein Kapital ins Ausland zu transferieren. Die Androhung der Todesstrafe bei entsprechenden Vergehen und die Gewährung von Straffreiheit bis zum 31. Januar 1937 veranlasste viele vermögende Personen ihre zurückgehaltenen Gold- und Devisenbestände an die Reichsbank zu verkaufen.

Nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich im Jahr 1938 wurden in jenem Jahr die deutschen und österreichischen Goldmünzen außer Kurs gesetzt und von der Reichsbank in Zahlung genommen.

Für Deutsche galt das „Goldverbot“ jedoch zu keiner Zeit für Goldschmuck im privaten Besitz. Anders sah das bei der jüdischen Bevölkerung aus: Nach einer Verordnung von Hermann Göring vom 21. Februar 1939 hatten alle Juden die in ihrem Besitz befindlichen Gegenstände aus Gold, Platin und Silber sowie Edelsteine und Perlen binnen zwei Wochen – die Frist wurde dann bis 31. März verlängert – in dafür eingerichtete Ankaufstellen abzuliefern. Grundlage für dieses Gesetz bildete die Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 26. April 1938.

Nicht gesetzlich geregelt und daher im rechtsfreien Raum befanden sich die inhaftierten Personen in Zuchthäusern und Konzentrationslagern seit der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Den in diesen Einrichtungen Inhaftierten wurden alle Wertsachen abgenommen.

Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurden ähnliche Gold- und Devisenerlässe auch in allen annektierten Ländern erlassen und alles an Edelmetallen, Edelsteinen und Devisen geraubt, dessen man habhaft werden konnte.

Große Teile des Raubgoldes gaben die Nationalsozialisten zur Aufrüstung und später zur Finanzierung des Zweiten Weltkrieges aus. Der Verbleib des restlichen Raubgolds nach dem Zweiten Weltkrieg ist bis heute zu einem erheblichen Teil ungeklärt. Etwa zwei Drittel der geraubten und noch aufgefundenen Goldreserven konnten bis 1996 durch die damit beauftragte Tripartite Gold Commission an die Ursprungsländer zurückgegeben werden. Doch was bis heute noch fehlt, ist keines Falls als unerheblich anzusehen, wie ich noch berichten werden.

Umfangreiche Gold- und Devisenlieferungen liefen über die unabhängige Schweiz und ihre Schweizer Nationalbank. Heute wird davon ausgegangen, dass die Schweiz der bedeutendste Abnehmer von deutschem Raubgold war.




Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Eidgenossen von den Alliierten zwar diesbezüglich stark kritisiert, konnte sich jedoch regelrecht freikaufen. Im Washingtoner Abkommen vom 26. Mai 1946 einigte sich die Schweiz mit den Alliierten über die finanziellen Aspekte. Mit einer einmaligen Zahlung von 250 Millionen Franken schien die Auseinandersetzung um das Raubgold für die Schweiz abgeschlossen zu sein. In den nächsten über 40 Jahren war das Raubgold der Nazis für die Alliierten und die Schweiz kein Thema mehr: Es herrschte „Kalter Krieg“. Doch nach der deutschen Wiedervereinigung und dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes sowie des Sozialismus kamen die verdrängten Fragen wieder auf die Tagesordnung. Das schweizerische Parlament beschloss daher im Dezember 1996, eine unabhängige Expertenkommission einzusetzen, um diese Fragen gründlich abzuklären. Es wurde eine Untersuchungsausschuss eingesetzt: Die Unabhängige Expertenkommission Schweiz – Zweiter Weltkrieg (kurz nach Jean-François Bergier Bergier-Kommission genannt). Bergier (1931 – 2009) war ein promovierter Schweizer Sozial- und Wirtschaftshistoriker. Am 22. März 2002 legte die Kommission ihre Ergebnisse im Bergier-Bericht vor.

Bergier schuf eine umfassendere Definition für „Raubgold“, und zwar allgemein und übergreifend für jenes Gold, dessen sich das NS-Regime durch die auf den NS-Rassengesetzen beruhenden Vermögenskonfiskationen und seit dem Einsetzen der kriegerischen Expansion in weiten Teilen Europas bemächtigt hatte. Des Weiteren schlug sie folgende „Goldkategorien“ vor und verwendete sie in ihren Berichten:

  • Gold, das mit staatlichen Zwangsmitteln in die Gewalt der Reichsbank kam. Im Dritten Reich widmete sich eine ganze Anzahl von Organisationen und Verwaltungsstellen der Erfassung, Aneignung und Erpressung von Gold. Die Maßnahmen reichten von Steuergesetzen über Devisenbestimmungen bis hin zu kriegswirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen. Vorbesitzer konnten demnach Deutsche jüdischer und nichtjüdischer Herkunft sowie andere in Deutschland enteignete Personen, Gruppen oder Einrichtungen sein.
  • Konfisziertes und geplündertes Gold: Darunter fallen einerseits die im Rahmen der NS-Rassengesetzgebung seit 1938 von der jüdischen Bevölkerung eingetriebenen Vermögenswerte in Deutschland und Österreich (Gold, Schmuck und andere Edelmetalle), anderseits die Beraubung von Einwohnern und Staatsbürgern der einverleibten und besetzten Gebiete durch staatliche Willkürakte oder individuelle Plünderungen. Das geplünderte Gold wurde entweder in die Reserven der Reichsbank transferiert, über Schwarzmärkte verwertet oder gehortet.
  • Opfergold: Es handelt sich um einen Sammelbegriff zur Bezeichnung von Goldvermögen, die das Regime ermordeten oder auch überlebenden Opfern der Konzentrations- und Vernichtungslager entwendete. „Konzentrations- und Vernichtungslager“ ist als Sammelbegriff zu verstehen, womit unter Opfergold Vermögenswerte aus unterschiedlichen Lagern und Ghettos in Osteuropa fallen. … Auch hier ist die Frage nach Unterschlagungen und Plünderungen durch am Vernichtungsprozess beteiligte Personen zu stellen.
  • Gold aus den Währungsreserven von Zentralbanken: Schon vor dem Krieg konnte sich das Dritte Reich durch territoriale Expansion Goldreserven anderer Staaten aneignen. In der Phase des Blitzkrieges im Frühjahr/Sommer 1940 gerieten große Goldbestände unter die Herrschaft des NS-Staates. Auch in den darauffolgenden Jahren der Besetzung durch die deutsche Wehrmacht hielt dieser Zustrom von Gold aus den Währungsreserven europäischer Zentralbanken bei der Reichsbank an.

Die drei letztgenannten Kategorien (2, 3, 4) werden hier übergreifend als „Raubgold“ bezeichnet. Davon unterschieden werden muss eine Kategorie nicht geraubten Goldes:

  • Gold aus Beständen, die vor 1933 in den Besitz der Reichsbank gelangten oder vor Kriegsausbruch in ordentlichen Transaktionen erworben wurden.

Über die Wege des Goldes in die Schweiz, dessen dortige Verbuchung und den Weiterverkauf gibt es bis heute mehr Spekulationen als vorzeigbare Beweise. Das Raubgold der Nationalsozialisten, das nicht direkt verkauft wurde, ist in Depots verschwunden, von Nazi-Größen beiseitegeschafft oder in ganz großem Stil umgeschmolzen worden. So wurde geraubtes Gold der Belgischen Nationalbank eingeschmolzen mit deutschen Stempeln auf 1938 neu datiert und über die Schweiz weiterverkauft.

Dass die Schweiz während des Zweiten Weltkrieges der wichtigste Umschlagplatz für das Raubgold der Nationalsozialisten war, ist heute wohl unstrittig. Anfangs ist noch ein gewisser Teil der Goldgeschäfte über Schweizer Geschäftsbanken abgewickelt worden. Mit einem Bundesratsbeschluss von Ende 1942 kaufte dann nur noch die Schweizer Nationalbank Gold aus Deutschland. Anfangs unternahm die SNB keinen Versuch bei dem von der Reichsbank geliefertem Gold zwischen rechtmäßigem und geraubtem Gold zu unterscheiden. Dass die Deutsche Reichsbank illegales Raubgold aus den Kriegszügen in die Schweiz lieferte war der SNB spätestens seit 1942 bekannt, was wohl auch auf das Gold aus dem Holocaust zutrifft. Ach die Warnungen der Alliierten ab 1943 änderte wenig am Verhalten der Eidgenossen. Die Schweiz kauft weiter fleißig bis zum Kriegsende deutsches Raubgold. Als fadenscheinige Entschuldigung dafür wurde auch angegeben, dass Deutschland noch umfangreiche Schulden in der Schweiz hätte.

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Ein besonderes Kapitel ist das Nazi-Fluchtgeld, das gegen Ende des Krieges massiv in die Schweiz strömte und im Juli 1945 von amerikanischen Quellen laut einem Telegramm der US-Botschaft in Bern auf die astronomische Summe von 16 Milliarden Franken geschätzt wurde. Seriöse Historiker beziffern den geheimen NS-Hort auf gut 2 Milliarden Franken, verstreut über 10 000 Nummernkonten.

Über die Menge des insgesamt in die Schweiz gelieferten Goldes gibt es nur Schätzungen und die sind sehr unterschiedlich: zwischen 500 und 350 Tonnen. Angeblich vermissen allein die Niederländer mehr als 73 Tonnen ihres Goldes bis heute.

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