Große Entdecker und Erfinder: Der Brückenbauer – John August Roebling Teil 1

John August RoeblingAm 12. Juni 1806 wurde im thüringischen Mühlhausen Johann August Röbling geboren. Röbling war das fünfte Kind von Tabakhändler Christoph Polykarpus Röbling und Friederike Therese Röbling. Aufgewachsen in einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie konnte Johann das Gymnasium in Mühlhausen besuchen, dass er jedoch auf Grund schlechter Leistungen in Latein und Religion vorzeitig verlassen musste. Seine Eltern schickten ihn dann nach Erfurt, an das Privat-Pädagogium des Mathematikers Salomon Ungers, wo er seine schulische Ausbildung abschloss.
1924 begann Röbling, an der Königlichen Bauakademie Berlin, Architektur, Tief- und Brückenbau, Deichbau, Hydraulik und Maschinenbau zu studieren. 1926 legte er sein Examen ab. Während seines Studiums hörte er auch Vorlesungen von Prof. Johann Friedrich Dietlein, in denen über Hängebrücken in Bayern, der Pfalz und Westfalen referiert wurde. Der Brückenbau faszinierte Röbling und er erkannte viel Zukunftspotential, denn in der Regel waren die damaligen Brückenkonstruktionen Stein/Holz-Bauten. Und nun hatte er Hängebrücken kennengelernt, die von Stahlketten getragen wurden; eine kleine bautechnische Sensation.
Nach seinem Studium arbeitete Johann August Röbling als Baukonstrukteur in Westfalen. Nebenher hatten es ihm jedoch die Hängebrücken angetan. In jener Zeit entstanden zudem neue wissenschaftliche bautechnische Grundlagen. Röbling erarbeitete erste Konstruktionen für Hängebrücken. Doch die Zeit war in Deutschland noch nicht reif für solche „Experimente“. Über 10 Jahre später griff der Architekt A. Bruns auf Röblings Pläne zurück und baute für den Grafen von Westfalen eine Fußgängerhängebrücke bei Schloss Laer.
August Röbling erkannte, dass er mit seinen Visionen keine Zukunft in Deutschland hatte. Daher entschloss er sich 1831 nach Amerika auszuwandern. Zusammen mit seinem Bruder Karl und weiteren 38 jungen Leuten aus Mühlhausen schiffte sich die Gruppe über Bremen nach Amerika aus.
Die Auswanderer kamen in Pittsburgh an, dort spaltete sich die Gruppe. Röbling nutzte die lange Schiffsreise von elf Wochen für allerlei Betrachtungen über das Leben an Bord und beschäftigte sich besonders intensiv mit den Navigationsgeräten. Während der ganzen Reise führte er ein Tagebuch, welches aus Anlass seines 200. Geburtstages unter dem Titel „Tagebuch meiner Reise von Mühlhausen in Thüringen über Bremen in die Vereinigten Staaten im Jahre 1831“ veröffentlicht wurde (Mitteldeutscher Verlag, 2006). Die Männer um Röbling kauften dann, zusammen mit anderen Auswanderern, am 28. Oktober 1831 in Butler Country Pennsylvania 6,4 Quadratkilometer Land. Auf diesem gründeten sie die Siedlung Germania, die später in Saxonburg umbenannt wurde. Zunächst betrieben die Neusiedler Landwirtschaft. 1936 heiratete Johann August Röbling die ebenfalls aus Mühlhausen stammende Johanna Herting und wurde im Jahr darauf zum ersten Mal Vater; acht weitere Kinder sollten folgen.
Im Jahr 1837 wurden Röbling und seine Frau amerikanische Staatsbürger, er hieß fortan John August Roebling.
Bald schon merkte Roebling, dass das Farmerleben auf Dauer nicht das Richtige für ihn war. Er wollte wieder konstruieren und bauen, daher suchte er sich einen Job bei einer Kanalbaugesellschaft. Die Schifffahrt auf den Flüssen war damals, in dem großen unerschlossenen Amerika, die einzige Möglichkeit größere Transporte zu bewerkstelligen. Nun kamen künstliche Wasserstraßen hinzu. Um diese miteinander zu vernetzen, mussten Schleusen, Hebewerke und Brücken in größer Zahl gebaut werden.
Bei seiner Arbeit wurde Roebling immer aufs Neue mit dem starken Verschleiß von Hanfseilen konfrontiert. Dabei schweifte seine Erinnerung zurück zu seinem Studium, wo er vom Einsatz von Drahtseilen im Brückenbau gehört hatte. Der Richter James Finley hatte sich bereits 1801 ein Patent auf Drahtseilbrücken erteilen lassen und 1830 hatte Joseph Chaley im schweizerischen Fribourg eine 267 m weit gespannte Drahtkabelbrücke über die Saane gebaut. Doch dabei wurden konstruktiv nur Drahtseile aus parallelverlaufenden Drähten eingesetzt. Durch seinen regen Briefkontakt mit seiner Heimatstadt Mühlhausen hatte er jedoch auch von der Erfindung des geschlagene Drahtseils erfahren, das 1834 von Oberbergrat Julius Albert in Clausthal erfunden worden war und den Bergbau revolutioniert hatte.
Roebling testete zunächst der Ersatz von Hanfseilen für den Schiffstransport durch Stahlseile. Dazu errichtete er auf seinem Grundstück eine Werkstatt. Dort konstruierte und baute er Verseilmaschinen und fertige Drahtseile, die er ständig weiterentwickelte. 1942 erhielt er für seine Drahtseile das amerikanisch Patent.
Die Überlegenheit des Drahtseils gegenüber dem Hanfseil überzeugte seine Arbeit- und Auftraggeber. Und schon bald verlangten auch andere Industriebereiche nach Drahtseilen. Roeblings Patent wurde zum großen wirtschaftlichen Erfolg, was ihn veranlasste eine Drahtseilfabrik zu gründen. Diese verlegte er jedoch 1849 aus geschäftlichen Gründen nach Trenton im Bundesstaat New Jersey, wo sie noch heute unter dem Namen JARSCO tätig ist.




Dennoch hatte Roebling ein anderes Projekt vor Augen: Er wollte Hängebrücken bauen, die an Stahlseilen aufgehängt waren. Jedoch waren die vorherrschenden Verkehrswege im damaligen Amerika die Wasserwege. Daher war sein erstes Stahlseilprojekt auch eines im Schifffahrtsbereich: Er baute 1845 eine Kanal- oder Trogbrücke über den Allegheny River in Pittsburgh. Seine neuartige Konstruktion war ein wassergefüllter Trog, der in Art einer Brücke den Fluss querte und der an Stahlseilen aufgehängt war. Durch diesen Wassertrog führen die beladenen Schiffe zu den künstlichen Kanälen. Von dieser Art baute Roebling noch mehrere Trogbrücken.
In jener Zeit hatte die Industrialisierung richtig an Fahrt aufgenommen und damit auch der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, was Roebling sehr entgegen kam.
Doch zunächst legte Roebling die Grundlagen für seine späteren Erfolge. Er entwickelte das vom Franzosen Henry Vicat erfundene Luftspinnverfahren zu einer praktikablen Lösung. Mit seiner nachhaltigen Entwicklung konnte er die Stahlseile vor Ort an der Brücke anfertigen. Mit einer speziellen Vorrichtung wurden die einzelnen Stahldrähte von der Pylone aus auf ihrer gesamten benötigten Länge zu einem einzigen, dicken Stahlseil versponnen. Dieses Verfahren brachte erhebliche Vorteile: die schweren Drahtseile mussten nicht über weite Strecken angeliefert werden und zudem konnten die Pylonen leichter aufgestellt werden, da die Seile erst später eingebaut wurden und es somit eine enorme Gewichtsentlastung bei der Montage gab.
Dieses Stahlseil-Spinnverfahren ermöglichte es zudem, Tragseile in jedem Durchmesser und jeder Länge herzustellen, was ihm ungeahnte Konstruktionsmöglichkeiten eröffnete. Zunächst etablierte Johann August Röbling seine Brückenkonstruktionen in Amerika, später auch in Europa
Gegenüber Kritikern vertrat er energisch die Verwendung von Drahtkabeln. Er sagte einmal: „Es gibt keine einzige gute Hängebrücke in England und es wird keine geben, solange an Ketten festgehalten wird“. Roeblings Luftspinnverfahren ist von der Technologie her auch heute noch, ca. 150 Jahre später, „die“ Standardbauweise für die Errichtung von Hängebrücken.
Nach der Arbeit folgte der Ruhm. Dieser setzte mit seinem Niagara-Projekt ein. Roebling konstruierte und baute die Niagara Falls Suspension Bridge, die auf zwei Ebenen für Eisenbahn, Straßenverkehr und Fußgänger ausgelegt war. Die Brücke leistete bis 1897 ihren Dienst, dann war sie dem gewachsenen Verkehrsaufkommen nicht mehr gewachsen und musste durch eine neue ersetzt werden.

Niagara Falls Suspension BridgeNiagara Falls Suspension Bridge, Lithografie von Charles Parsons (1821-1910)

Dennoch stellte Roeblings Niagara-Hängebrücke eine Pionierleistung im Brückenbau dar. Er setzte neben den senkrecht hängenden Seilen auch zusätzliche Schrägseile ein, die von den Spitzen der Pfeiler fächerförmig zu den Tragwerken führten, was der Gesamtkonstruktion zusätzliche Stabilität gab. Dieses Konstruktionsprinzip entwickelte er stetig weiter.
Es folgte im Jahr 1866 eine weitere Hängebrücke, die über den Ohio bei Cincinnati führte. Bei diesem Projekt war bereits Roeblings ältester Sohn Washington stark mit eingebunden, der später zu seinem wichtigsten Mitarbeiter und auch Nachfolger werden sollte.
Roeblings Meisterwerk jedoch wurde die Brooklyn Bridge über den East River in New York. Über dieses weltbekannte Bauwerk und seinen doch recht dramatischen Bauablauf berichte ich demnächst.

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