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Große Entdecker und Erfinder – Film- und Fernsehpionier Emil Mechau

Nach der Erfindung der Fotografie im Jahr 1922 durch den französischen Advokaten Joseph Nicéphore Niépce beschäftigten sich zahlreiche Erfinder damit, diesen Fotos die Illusion von Bewegungen einzuhauchen. So nahm die Filmgeschichte ihren Lauf.
Der Durchbruch gelang im Jahre 1872 dem britischen Fotografen Eadweard Muybridge, der erstmals Serienfotografien eines galoppierenden Pferdes anfertigte. Jedoch waren das nur Aufnahmen, einsatzfähige Abspielgeräte fehlten noch.

Square Pop-Up (250x250)

1891 erfanden William K.L. Dickson und Johann Heinrich Krüsi (beide Angestellte bei Edison) das Filmaufnahmegerät Kinetograph und das Abspielgerät Kinetoskop. In der Kamera wurden erstmals Zelluloidfilme verwendet, die mit einem Rätschenmechanismus bis zu 48 Bilder pro Sekunde aufnahmen. In der Folge wurde der Begriff Kinetograph für Filmkameras und Kinetoskop für Filmprojektoren allgemein benutzt.
Am 1. November 1895 zeigten die Brüder Skladanowsky mit ihrem Projektor Bioskop im Rahmen eines Varieté-Programms im Berliner Wintergarten neun kurze Filme. Die etwa zehn Minuten lange Veranstaltung war in Europa die erste, bei der Filme vor einem zahlenden Publikum auf eine Leinwand projiziert wurden – damit nahm die Stummfilmzeit ihren Anfang.
Eine neue, eine künstlerische Branche war entstanden, die des Films. Allen voran dominierte bis zum Ersten Weltkrieg Frankreich den jungen Filmmarkt, was auf die Erfindung der Brüder Lumière zurückzuführen war. Die hatten den Kinematographen erfunden, entwickelt und gebaut. Dieser Apparat der Lumiére-gesellschaft war Filmkamera, Kopiergerät und Filmprojektor in einem. Er wurde stetig weiterentwickelt und verwendete 35-mm-Celuloid-Film.
Jedoch gingen nach anfänglicher Euphorie die Besucherzahlen bei den Filmvorführungen schon bald zurück. Das Ruckeln und das starke Flimmern der Filme war wohl dafür verantwortlich, zudem kam es häufig zu Brandschäden, da die Filme zu heiß wurden. Hinzu kam das geringe künstlerisch Niveau zahlreicher Filmproduktionen: Filmtheorie, Filmwissenschaft, Filmsprache waren noch in den Kinderschuhen.
In diese Zeit der ersten kleineren Filmkrise trat Emil Mechau mit seinem Mechau-Projektor auf die Weltfilmbühne.




Emil Mechau wurde am 19. April 1882 in Seesen geboren. Sein Vater arbeitete in der Zuckerraffinerie Seesen. Als diese geschlossen wurde zog die Familie in die Nähe von Mühlberg/Elbe.
Nach der Schule absolvierte Mechau eine Lehre als Feinmechaniker bei Maibuhr/Reiss in Bad Liebenwerda. Nach Abschluss der Lehre bewarb er sich bei Carl Zeiss in Jena und wurde eingestellt. Er arbeitete dort in der Astro-Versuchswerkstatt, wo er Oskar Barnack kennenlernte und sich mit ihm befreundete. Sein Werkstatt-Leiter war Henry Siedenkopf, der zusammen mit dem Chemiker Richard Zsigmondy 1902/03, einem späteren Chemie-Nobelpreisträger, das Ultramikroskop erfand und konstruierte.
Henry Siedenkopf hatte auch engen Kontakt zu dem deutschen Filmpionier Oskar Messter. Emil Mechau kannte verschiedene Gespräche und Diskussionen dieser beiden Männer zum Thema „Flimmerfreie Filmprojektion“. Messter war Optiker und brachte ab 1896 die ersten brauchbaren deutschen Filmprojektoren auf den Markt und im November des gleichen Jahres eröffnete er in der Friedrichstraße das erste deutsche Kunstlichtatelier und übernahm das Theater Unter den Linden als Kino.
Mechau begann sich für das Thema zu interessieren und setzte sich intensiv mit der Filmprojektionstechnik auseinander. Doch diese Technik war für Carl Zeiss wohl nicht interessant und Mechau wurde die Unterstützung versagt. Er suchte einen anderen Arbeitgeber und fand ihn in der Ernst Leitz GmbH in Wetzlar. Obwohl Mechau über kein Studium verfügte konnte er konstruktiv als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig werden und erhielt große Freiheiten. In dieser Funktion baute er 1910 seinen ersten Filmprojektor, den er persönlich in regionalen Filmtheatern testete und stetig weiterentwickelte. Das Publikum soll begeistert gewesen sein, zum ersten Mal konnte es Stummfilme ohne flimmern und ruckeln sehen, eine bis dahin unbekannte Qualität. Zudem verhinderte der neuartige Projektort das Reißen des Celluloidfilms und beseitigte damit die häufige Brandursache.
Der nach seinem Erfinder Mechau-Projektor genannte Filmvorführapparat schlug ein wie eine Bombe und wurde bald weltweit eingesetzt. Er war vor dem Ersten Weltkrieg und auch noch danach der einzige serienmäßig hergestellte Projektor ohne Schrittschaltwerk mit kontinuierlichem Filmlauf und optischem Ausgleich. Der Projektor verfügte über einen Spiegelkranz, der aus acht sektorförmigen Spiegeln bestand. Die einzelnen Spiegel folgten der Bewegung des Films, so dass die Eigenbewegung derselben aufgehoben wurde. Sobald der erste Spiegel seine Aufgabe erfüllt hatte trat der zweite in Aktion. Der ganze Spiegelkranz führte eine rotierende Bewegung aus. Weiterentwicklung des Mechau-Projektors wurden weltweit bis Ende der 1930er Jahre eingesetzt.
Mechau vermittelte auch seinen Freund Oskar Barnack zu Leitz, da dort ein Spezialist für die Mikroskop-Forschung gesucht wurde. Barnack sollte später bei Leitz die weltberühmte 35 mm Leica entwickeln.
Der Mechau-Projektor wurde schnell in der ganzen Filmwelt berühmt und gefragt, was Ernst Leitz dazu veranlasste eine Filmprojektoren-Fabrik in Rastatt zu errichten, in der Ernst Mechau leitend tätig war.
1923 war das Jahr der Einweihung des modernsten Lichtspieltheaters seiner Zeit, des Filmpalastes Schauburg in Münster (Westfalen), wo der Mechau-Projektor Modell 3 die technische Attraktion war. Wie die Westdeutsche Filmzeitung in Düsseldorf berichtete, besuchten selten zuvor so viele der höchsten politischen Würdenträger und andere Prominente eine Privatveranstaltung. Henny Porten, Star des dabei gezeigten Spielfilms Geyer-Wally, war einer der vielen Premierengäste aus der Filmindustrie. Emil Mechau war als Erfinder des Kinoprojektors ebenfalls eingeladen und sein Gerät wurde als Meisterwerk der deutschen optischen und feinmechanischen Industrie in den höchsten Tönen gelobt und gefeiert.
1931 wurde Emil Mechau, in einer besonderen Festveranstaltung in Berlin durch die Deutsche Kinotechnische Gesellschaft (DKG, heute FKTG), als viertem Preisträger ihre höchste Auszeichnung, die Oskar-Messter-Medaille, verliehen. Die Medaille war die öffentliche Anerkennung seiner jahrelangen, unermüdlichen Anstrengungen als Erfinder auf dem Gebiet der Filmtechnologie. Obwohl es harten Wettbewerbes zwischen den besten Ingenieuren und Optik-Wissenschaftlern seiner Zeit gab, war Mechau der Einzige, der mit seinem Projektor darin Erfolg hatte, eine kontinuierliche Bewegung des Filmes mittels optischem Ausgleich zu realisieren.
Doch dann kam ab 1925 der Tonfilm auf und der finanzielle Aufwand für die entsprechenden Weiterentwicklungen überforderte die Möglichkeiten von Ernst Leitz, der deshalb seine Filmprojektoren-Fabrik in Raststatt incl. aller gewerblichen Schutzrechte an die AEG verkaufte. Mechau arbeitet daher ab 1929 für die AEG.
Neben seinen Entwicklungen in der Projektoren-Technik entwickelte Mechau auch einen 180-Zeilen Linsenkranz-Abtaster für das junge „mechanische Fernsehen“. Im Fernsehen der Pionierzeit wurde die Bildzerlegung und -zusammenfügung durch die sogenannte Nipkow-Scheibe realisiert. Mit zunehmend höherer Bildauflösung und Bildqualität stieß die Nipkow-Scheibe, die nach ihrem Erfinder Paul Nipkow benannt war, an ihre technischen Grenzen. Mechaus Linsenkranz-Abtaster hingegen war der Fortschritt: Auf einer schnell rotierenden Trommel war für jede Zeile eine Linse angebracht, so dass das Bild zeilenmäßig abgetastet werden konnte. Diese Abtastung war viel lichtstärker als alle anderen Verfahren, zudem konnten mit dieser Technologie erheblich größere Bilder realisiert werden. Dennoch blieb Mechau mit dieser Erfindung der große Durchbruch verwehrt, die er zur Berliner Funkausstellung 1934 vorstellte; der Zweite Weltkrieg war schuld.
Biografie des Erfinders Emil MechauMechau arbeitet jedoch weiter an seiner Fernseh-Technologie und ging dafür 1935 zur AEG-Tochter Telefunken. Zudem entwickelte er die erste fahrbare Fernsehkamera der Welt, das Ikonoskop, auch Bildfänger oder Fernseh-Kanone genannt. Diese Kamera von Mechau wurde für die historischen Fernsehübertragungen bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin eingesetzt und von Walter Bruch bedient. Das Ikonoskop verfügte über eine Bildauflösung von 180 Zeilen und 25 Bildern/s, das Objektiv über 1,60 m Brennweite, einen Linsendurchmesser von 40 cm bei einem Gewicht von 45 kg und einer Gesamtlänge von 2,20 m.
1937 stellte Mechau auf der Pariser Weltausstellung 1937 den ersten Lichtpunkt-Abtaster vor. Für diese Entwicklung/Erfindung erhielt er den Grand Prix in der Kategorie Innovation und Entwicklung. Für die Olympischen Spiele 1940 in Helsinki hatte Mechau einen 375-Zeilen-Lichtpunkabtaster sowie eine neue Fernsehkamera entwickelt. Beides kam wegen des ausbrechenden Krieges nicht mehr zum Einsatz. Während des Krieges musste auch AEG/Telefunken sich der Kriegsproduktion unterordnen.
Emil Mechau starb nur wenige Wochen nach Kriegsende im Alter von 63 Jahren durch einen tragischen Unfall. Es heißt, er habe einem sowjetischen Soldaten auf dessen Wunsch bei der Entschärfung einer Handgranate geholfen, die dabei explodierte.
Emil Mechau war ein großer deutscher Erfinder und Konstrukteur der die Entwicklung der Film- und Fernsehgeschichte maßgeblich beeinflusste und voran brachte.