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Piezoelektrizität – eine Energiealternative auch für Häusle-Bauer

Unsere Politik setzt für die Zukunft auf regenerative Energien und bei diesen schwerpunktmäßig auf Wind- und Sonnenenergie. Darauf möchte ich hier heute nicht weiter eingehen, das werde ich in einem gesonderten Beitrag tun.

Zu den regenerativen Energien – also Energieträgern, die im Rahmen eines überschaubaren menschlichen Zeithorizontes praktisch in unerschöpflicher Menge zur Verfügung stehen – zählt auch die Schwer- oder Gravitationskraft. Mit dieser Kraft- und somit Energiequelle hat sich die Technik bisher schwer getan, was ihre Nutzung anbetrifft.

Jacques Curie (1856-1941, links) mit seinem Bruder Pierre Curie (1859-1906) und seinen Eltern Eugène Curie (1827-1910) und Sophie-Claire Depouilly (1832-1897)
Jacques Curie (1856-1941, links) mit seinem Bruder Pierre Curie (1859-1906) und seinen Eltern Eugène Curie (1827-1910) und Sophie-Claire Depouilly (1832-1897)

Bereits im Jahr 1880 wurde von den Brüdern Jacques und Pierre Curie der Piezoeffekt entdeckt. Bei Versuchen mit kristallisierten Silikaten fanden sie heraus, das bei mechanischen Verformungen dieser Kristallstrukturen elektrische Ladungen entstehen, deren Menge sich proportional zur Beanspruchung verhält. Diese Entdeckung nennt man nach dem altgriechischen „piezein“ – drücken, pressen – Piezoeffekt und die daraus resultierende Energie wird als Piezoelektrizität bezeichnet.

Etwa siebzig Jahre folgten dieser Entdeckung jedoch keine praktischen Anwendungen. Erst mit der Erfindung des piezoelektrischen Ultraschallwandlers sowie mit dem Entstehen von Mikroelektronik und Informationstechnologien begann sich das zu ändern. Heute gibt es eine ganze Anzahl verschiedener piezoelektrischer Materialien, vorrangig mit kristalliner oder keramischer Struktur. Diese piezoelektrischen Bauelemente werden in vielen Branchen eingesetzt: Industrie und Fertigung, Automobilindustrie, Medizintechnik, Telekommunikation. Im Jahr 2010 erzielte der weltweite Markt für piezoelektrische Bauelemente einen Umsatz von rund 14,8 Milliarden US-Dollar. Alle Anwendungen hier aufzuführen, würde den Rahmen sprengen: dennoch ist der Piezoelektrik als Stromquelle für externe Verbraucher der Durchbruch bisher versagt geblieben.

Das beginnt sich seit etwa 2010 zu ändern. Zwar zählt die Piezoelektrizität auch zu den regenerativen Energiequellen, sie wird jedoch eher dem Forschungsgebiet Energy Harvesting (Energie-Ernte) zugeordnet. Dieser Begriff der Energieforschung beinhaltet Energie aus alltäglichen Quellen: Umgebungstemperaturen, Wärmeabstrahlung, Vibrationen, Luftströmungen, Licht, Temperaturänderungen, elektromagnetische Wellen sowie Gravitation und vieles mehr. Wenn man die Gravitation – also die Schwerkraft – gezielt auf technische System mit Piezoelementen leitet, so kann damit Strom erzeugt werden, der auch für externe Systeme genutzt werden kann.

Ein israelisches Unternehmen erzeugt mit dieser Technologie Strom, indem es fünf Zentimeter unterhalb der oberen Schicht des Straßenbelags Piezo-Generatoren einbaut. Diese können die Vibrationen des darüber rollenden Verkehrs in Strom umwandeln. In einem ersten kommerziellen Projekt stellt das Unternehmen die Technologie zur Beleuchtung von Straßenschildern auf der Autobahn zwischen Venedig und Triest zur Verfügung.

Der US-amerikanische Reifenhersteller Goodyear präsentierte auf der Automesse in Genf 2015 eine neue Generation von Reifen, die speziell für Elektroautos entwickelt wurden. Das Besondere an dem Reifen mit dem Namen BH03: Er nutzt den piezoelektrischen und den thermoelektrischen Effekt um zusätzlichen Strom zu erzeugen. Dabei ist der piezoelektrische Effekt, mit dem durch Druck zusätzlicher Strom erzeugt werden kann, nur während der Fahrt mit dem Elektroauto aktiv. Dank des thermoelektrischen Effekts kann der Reifen zudem sogar im Stand Strom erzeugen.

Selbst noch ganz andere, futuristisch erscheinende Ideen befinden sich mittlerweile in der Umsetzungsphase. Eine davon ist der Abu Dhabische Strömungswald. Genau 1203 gigantische, 55 Meter hohe Ruten aus Karbonfasern ragen dort in den Himmel und schaukeln sanft im Wind. Keine gewaltigen Betontürme, keine Rotoren und Turbinen werden dort benötigt, um den Wind einzufangen und in Elektroenergie umzuwandeln. Die in der Strömung schwingenden Ruten sind in ausgeklügelten Halterungen verankert, die mit piezoelektrischen Elementen versehen sind. So wird jede mechanische Schwingung in elektrischen Strom umgewandelt. Die riesigen Peitschen sind an ihren Spitzen mit bunten LEDs bestückt – je kräftiger der Wind sie schwingen lässt, je heller leuchten sie. In diesem futuristischen Wind-Ruten-Wald sind sogar Spaziergänge erlaubt und so ganz nebenbei soll auch Energie für etwa 5 000 Haushalte erzeugt werden.

Die jedoch wohl zukunftsträchtigste diesbezügliche Idee stammt aus den Niederlanden. Der Architekt Janjaap Ruijssenaaes hat eine neue Technik entwickelt, mit der sich im eigenen Haus nachhaltig kostenloser Strom erzeugen lässt. Ruijssenaars Mechanismus erzeugt Energie durch ein Gewicht, das sich in einem dauerhaften Ungleichgewicht befindet, und bietet damit eine Alternative zu Sonnen- und Windenergie. Das Patent für diese Technik ist bereits beantragt.

Ruijssenaars meint über seine Erfindung. „Ganz intuitiv dachte ich mir, Schwerkraft müsst doch etwas zu bieten haben, wenn man bedenkt, dass alles von der Erde angezogen wird. Indem ein Gewicht, das nur knapp ausbalanciert ist, mit geringem Kraftaufwand aus dem Gleichgewicht gebracht wird, lässt sich am unteren Ende an einem einzigen Punkt eine starke Kraft erzeugen. Die Idee war, dass sich damit etwas anfangen lassen müsste.“

Wissenschaftler bezeichnen diese Technik als Durchbruch, „weil sie dank der intelligenten Verwendung der Schwerkraft den Energieertrag aus der Piezo-Methode von 20 auf 80 Prozent steigern kann.“ Theo de Vries, Systemarchitekt und Dozent von der Universität von Twente meint zudem:“ Ruijssenaars hat die Methode buchstäblich auf den Kopf gestellt und uns als Wissenschaftler dadurch dazu gebracht, die Methode in einem neuen Licht zu betrachten. Dank dieser Erfindung wird alles, was derzeit als mechanische Energie angeboten wird, sich als nützlich erweisen.“



Professor Beatriz Noheda von der Reichsuniversität Groningen, Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften, ist fest davon überzeugt, dass die Erzeugung von Piezoelektrizität ein fester Bestandteil der Zukunft sein wird, und sagt, dass die Effizienzsteigerung höchst willkommen ist: „In Situationen, in denen der Einsatz von Solarmodulen nicht nachhaltig ist, können wir diese neue Technik einsetzen.“

Wenn Sie diesen Beitrag interessant finden, so erzählen Sie bitte anderen davon. Energy Harvesting hat nämlich keine breite Lobby. Die Energiekonzerne zeigen wenig Interesse, lassen solche Technologien aus alltäglichen Quellen doch keine Gewinne erwarten. Und auch die Politik hält sich sehr zurück, entfallen doch auf diese Weise Steuern und auch die Einflussnahme auf die Energieversorgung schwindet. Energieversorgung mit Energy Harvesting kann nur der Durchbruch gelingen, wenn die Verbraucher es durchsetzen. Wenn nicht, so werden wir noch auf lange Zeit bei der Energieversorgung fremdgesteuert bleiben.

Piezoelektrizität – Energiealternative auch für Häusle-Bauer

Unsere Politik setzt für die Zukunft auf regenerative Energien und bei diesen schwerpunktmäßig auf Wind- und Sonnenenergie. Darauf möchte ich hier heute nicht weiter eingehen, das werde ich in einem gesonderten Beitrag tun.

Zu den regenerativen Energien – also Energieträgern, die im Rahmen eines überschaubaren menschlichen Zeithorizontes praktisch in unerschöpflicher Menge zur Verfügung stehen – zählt auch die Schwer- oder Gravitationskraft. Mit dieser Kraft- und somit Energiequelle hat sich die Technik bisher schwer getan, was ihre Nutzung anbetrifft.

Bereits im Jahr 1880 wurde von den Brüdern Jacques und Pierre Curie der Piezoeffekt entdeckt. Bei Versuchen mit kristallisierten Silikaten fanden sie heraus, das bei mechanischen Verformungen dieser Kristallstrukturen elektrische Ladungen entstehen, deren Menge sich proportional zur Beanspruchung verhält. Diese Entdeckung nennt man nach dem altgriechischen „piezein“ – drücken, pressen – Piezoeffekt und die daraus resultierende Energie wird als Piezoelektrizität bezeichnet.

Etwa siebzig Jahre folgten dieser Entdeckung jedoch keine praktischen Anwendungen. Erst mit der Erfindung des piezoelektrischen Ultraschallwandlers sowie mit dem Entstehen von Mikroelektronik und Informationstechnologien begann sich das zu ändern. Heute gibt es eine ganze Anzahl verschiedener piezoelektrischer Materialien, vorrangig mit kristalliner oder keramischer Struktur. Diese piezoelektrischen Bauelemente werden in vielen Branchen eingesetzt: Industrie und Fertigung, Automobilindustrie, Medizintechnik, Telekommunikation. Im Jahr 2010 erzielte der weltweite Markt für piezoelektrische Bauelemente einen Umsatz von rund 14,8 Milliarden US-Dollar. Alle Anwendungen hier aufzuführen, würde den Rahmen sprengen: dennoch ist der Piezoelektrik als Stromquelle für externe Verbraucher der Durchbruch bisher versagt geblieben.

Das beginnt sich seit etwa 2010 zu ändern. Zwar zählt die Piezoelektrizität auch zu den regenerativen Energiequellen, sie wird jedoch eher dem Forschungsgebiet Energy Harvesting (Energie-Ernte) zugeordnet. Dieser Begriff der Energieforschung beinhaltet Energie aus alltäglichen Quellen: Umgebungstemperaturen, Wärmeabstrahlung, Vibrationen, Luftströmungen, Licht, Temperaturänderungen, elektromagnetische Wellen sowie Gravitation und vieles mehr. Wenn man also die Gravitation – also die Schwerkraft – gezielt auf technische System mit Piezoelementen leitet, so kann damit Strom erzeugt werden, der auch für externe Systeme genutzt werden kann.

Ein israelisches Unternehmen erzeugt mit dieser Technologie Strom, indem es fünf Zentimeter unterhalb der oberen Schicht des Straßenbelags Piezo-Generatoren einbaut. Diese können die Vibrationen des darüber rollenden Verkehrs in Strom umwandeln. In einem ersten kommerziellen Projekt stellt das Unternehmen die Technologie zur Beleuchtung von Straßenschildern auf der Autobahn zwischen Venedig und Triest zur Verfügung.

Square Pop-Up (250x250)

Der US-amerikanische Reifenhersteller Goodyear präsentierte auf der Automesse in Genf 2015 eine neue Generation von Reifen, die speziell für Elektroautos entwickelt wurden. Das Besondere an dem Reifen mit dem Namen BH03: Er nutzt den piezoelektrischen und den thermoelektrischen Effekt um zusätzlichen Strom zu erzeugen. Dabei ist der piezoelektrische Effekt, mit dem durch Druck zusätzlicher Strom erzeugt werden kann, nur während der Fahrt mit dem Elektroauto aktiv. Dank des thermoelektrischen Effekts kann der Reifen zudem sogar im Stand Strom erzeugen.

Selbst noch ganz andere, futuristisch erscheinende Ideen befinden sich mittlerweile in der Umsetzungsphase. Eine davon ist der Abu Dhabische Strömungswald. Genau 1203 gigantische, 55 Meter hohe Ruten aus Karbonfasern ragen dort in den Himmel und schaukeln sanft im Wind. Keine gewaltigen Betontürme, keine Rotoren und Turbinen werden dort benötigt, um den Wind einzufangen und in Elektroenergie umzuwandeln. Die in der Strömung schwingenden Ruten sind in ausgeklügelten Halterungen verankert, die mit piezoelektrischen Elementen versehen sind. So wird jede mechanische Schwingung in elektrischen Strom umgewandelt. Die riesigen Peitschen sind an ihren Spitzen mit bunten LEDs bestückt – je kräftiger der Wind sie schwingen lässt, je heller leuchten sie. In diesem futuristischen Wind-Ruten-Wald sind sogar Spaziergänge erlaubt und so ganz nebenbei soll auch Energie für etwa 5 000 Haushalte erzeugt werden.

Die jedoch wohl zukunftsträchtigste diesbezügliche Idee stammt aus den Niederlanden. Der Architekt Janjaap Ruijssenaaes hat eine neue Technik entwickelt, mit der sich im eigenen Haus nachhaltig kostenloser Strom erzeugen lässt. Rein Gewichtuijssenaars Mechanismus erzeugt Energie durch ein Gewicht, das sich in einem dauerhaften Ungleichgewicht befindet, und bietet eine Alternative zu Sonnen- und Windenergie. Das Patent für diese Technik ist bereits beantragt.

Ruijssenaars meint über seine Erfindung. „Ganz intuitiv dachte ich mir, Schwerkraft müsst doch etwas zu bieten haben, wenn man bedenkt, dass alles von der Erde angezogen wird. Indem ein Gewicht, das nur knapp ausbalanciert ist, mit geringem Kraftaufwand aus dem Gleichgewicht gebracht wird, lässt sich am unteren Ende an einem einzigen Punkt eine starke Kraft erzeugen. Die Idee war, dass sich damit etwas anfangen lassen müsste.“

Wissenschaftler bezeichnen diese Technik als Durchbruch, „weil sie dank der intelligenten Verwendung der Schwerkraft den Energieertrag aus der Piezo-Methode von 20 auf 80 Prozent steigern kann.“ Theo de Vries, Systemarchitekt und Dozent von der Universität von Twente meint zudem:“ Ruijssenaars hat die Methode buchstäblich auf den Kopf gestellt und uns, als Wissenschaftler, dadurch dazu gebracht, die Methode in einem neuen Licht zu betrachten. Dank dieser Erfindung wird alles, was derzeit als mechanische Energie angeboten wird, sich als nützlich erweisen.“

Professor Beatriz Noheda von der Reichsuniversität Groningen, Fakultät für Mathematik und Naturwissenschaften, ist fest davon überzeugt, dass die Erzeugung von Piezoelektrizität ein fester Bestandteil der Zukunft sein wird, und sagt, dass die Effizienzsteigerung höchst willkommen ist: „In Situationen, in denen der Einsatz von Solarmodulen nicht nachhaltig ist, können wir diese neue Technik einsetzen.“

Wenn Sie diesen Beitrag interessant finden, so erzählen Sie bitte anderen davon. Energy Harvesting hat nämlich keine breite Lobby. Die Energiekonzerne zeigen wenig Interesse, lassen solche Technologien aus alltäglichen Quellen doch keine Gewinne erwarten. Und auch die Politik hält sich sehr zurück, entfallen doch auf diese Weise Steuern und auch die Einflussnahme auf die Energieversorgung schwindet. Energieversorgung mit Energy Harvesting kann nur der Durchbruch gelingen, wenn die Verbraucher es durchsetzen. Wenn nicht, so werden wir noch auf lange Zeit bei der Energieversorgung fremdgesteuert bleiben.